Vor einem interessierten Publikum skizzierte Dietmar Schultke, Autor und Politikwissenschaftler, den Beschluss der SED-Führung zum „Aufbau des Sozialismus“ vor 70 Jahren nach. Während im Westen die Wirtschaft boomte und auch breiteren Schichten einen bis dato nicht gekannten Wohlstand ermöglichte, scheiterte die Wirtschaftspolitik der DDR daran, den Bedürfnissen der eigenen Bürger gerecht zu werden. Schultke fasste diese Ambivalenz zwischen den Zielvorstellungen sozialistischer Politik und den realen wirtschaftlichen Bedingungen prägnant zusammen: „Ulbricht hatte Visionen, die Menschen hatten Bedürfnisse“.
Schultke ist indes nicht nur ein ausgewiesener Experte zur Geschichte der DDR, sondern selbst Zeitzeuge. Bereits während seiner Schulzeit in Brandenburg versuchten ihn Lehrer vom Sozialismus zu überzeugen, doch eine ungewöhnliche Brieffreundschaft mit einer Amerikanerin eröffnete ihm andere Perspektiven auf Politik und Gesellschaft. Die Einberufung in die Grenztruppen im Jahr 1988 war für ihn ein Schock. Letztlich entschloss er sich auf einer Patrouille dazu, sein Gewehr wegzuwerfen. Die darauffolgende Degradierung war ein Befreiungsschlag, wie Schultke betonte. Abschließend verwies der Gast auf die Bedeutung der Zeitzeugen für die historisch-politische Bildungsarbeit und lobte die Point Alpha Stiftung für ihren wichtigen Beitrag in dieser Hinsicht.