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Die „Rolle der Frau“ – Emanzipation im geteilten Deutschland

By 15. mars 2024No Comments
Lesezeit: 3 Minuten

Bis heute sehen sich Frauen mit unterschiedlichen Erwartungen und Anforderungen konfrontiert. Im Haus auf der Grenze analysierte Dr. Christopher Neumaier aus deutsch-deutscher Perspektive, wie sich die Rollenbilder und das Selbstverständnis in der Zeit der Teilung entwickelten und bewertete, wie sich die weibliche Lebenswirklichkeit seit der Wiedervereinigung wandelte. Ein historischer Blick auf hochaktuelle Themen wie Gleichberechtigung, Gender Pay Gap und Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie Philipp Metzler, Studienleiter der Point Alpha Stiftung, bei seiner kompakten Einführung ins Thema betonte.

Der Referent Dr. Christopher Neumaier nahm die "Rolle der Frau" in Ost und West in den Blick. Fotos Johannes Schneider

Der Referent Dr. Christopher Neumaier nahm die “Rolle der Frau” in Ost und West in den Blick. Fotos Johannes Schneider

Auf der einen Seite die Hausfrau und Mutter, deren hauptsächliche Sorge der Erhaltung und Pflege der Familie galt, auf der anderen Seite das Bild der Frau als Erwerbstätige und wichtiger Teil der Produktion im Arbeiter- und Bauernstaat. Die propagierte Rolle der Frau in den beiden Deutschlands war unterschiedlich, auch die der Emanzipation, die im Osten „von oben“ vorgegeben und im Westen „von unten“ mühselig erkämpft werden musste. Aber, bei allen Klischees, Mythen und Gerüchten, die es in beiden Staaten über die Emanzipation gebe, so der 46-jährige Referent, aus wissenschaftlicher Perspektive sind bei der Benachteiligung von Frauen in beiden Staaten frappierende Ähnlichkeiten zu erkennen.

In der Bundesrepublik war die Familienpolitik lange vom „hierarchischen Leitbild der christlich bürgerlichen Kernfamilie“ mit dem Ehemann als Ernährer und der Ehefrau als Hausfrau und Mutter geprägt. Insbesondere die Kirchen und konservative Kräfte in Politik und Wirtschaft trugen dazu bei, berufstätige Mütter zu diskreditieren, so beispielsweise mit dem Argument, Erwerbstätigkeit von Frauen würde zu Entwicklungsdefiziten bei Kindern führen.  Dies änderte sich allmählich in den 60er-Jahren, als im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs Frauen als Arbeitskräfte gefragt waren. So wurde weibliche Teilzeitarbeit in das vorherrschende Geschlechterrollenmodell integriert. Das Ideal des männlichen „Familienernährers“ blieb jedoch bestehen, Alleinerziehende weiterhin „sozial diskriminiert“. Fortschritte gab es erst mit der Reform des Familien- und Scheidungsrechts Ende der 70er Jahre, doch echte Karrierechancen für die Frau erkennt Neumaier erst mit der deutschen Einheit. Haushaltstätigkeiten und Kinderbetreuung, die sogenannten Care-Tätigkeiten, blieben jedoch zu allen Phasen in der Bundesrepublik hauptsächlich Aufgabe der Frauen.

In DDR wurden Frauen als Arbeitskräfte gebraucht, um die ambitionierten Pläne des SED-Regimes zu erfüllen, zudem war die Emanzipation der Frau ideologischer Anspruch. Doch trotz juristisch progressiver Reformen und Gesetze, wurde von den Frauen weiterhin erwartet, dass sie die Arbeit, Haushaltsführung und Mutterschaft miteinander vereinbarten.  Diese Doppelbelastung wurde den Männern hingegen nicht abverlangt. In den 80er Jahren erreichte die Erwerbstätigkeit von Frauen in der DDR einen weltweiten Höchststand, doch bis zum Schluss wurde die rechtliche Emanzipation nicht in den sozialen Praktiken umgesetzt. Wie in der Bundesrepublik, blieben Frauen in der DDR für die Care-Arbeit zuständig.

Philipp Metzler bei der Begrüßung im Haus auf der Grenze.

Philipp Metzler bei der Begrüßung im Haus auf der Grenze.

Vor diesem Hintergrund konfrontiert Neumaier das Publikum in der Gedenkstätte auch mit der Frage, ob es für die Emanzipation nach 1990 einen Neustart gebraucht hat? Dass trotz unterschiedlicher frauen- und familienpolitischer Leitlinien viele Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in DDR und der Bundesrepublik durchweg bestehen blieben und teils bis heute in Deutschland bestehen, lässt sich unter anderem auf eine von Neumaiers Hauptthesen zurückführen: Die „Geschlechterrollen bei Haushaltsführung und Kindererziehung“ seien eine „zentrale Kontinuitätslinie“ die bis heute nachteilige Auswirkungen auf die Chancen für Frauen habe, wie Gehalts- und Qualifizierungsunterschiede oder ein höheres Risiko für Altersarmut erkennen lassen.

Wenngleich sich für die Bereiche Erwerbstätigkeit und Kindererziehung deutliche Veränderungen ausmachen lassen, zeigt sich hinsichtlich des Haushalts, wie beharrlich sich „tradierte“ Geschlechterrollen halten. Auch wenn sich Männer inzwischen an Haushaltstätigkeiten übernehmen, tun sie dies statistisch gesehen kürzer und seltener, während Frauen weiterhin für zeitintensivere, regelmäßigere Aufgaben zuständig sind. Es bleibt also viel zu tun, und auch heute sollten wir darüber nachdenken, wie wir die Gleichberechtigung weiter vorantreiben können.

Der gesamte Abendvortrag steht für Interessierte als Video auf dem YouTube-Kanal der Point Alpha Stiftung zur Verfügung: „Alles auf Anfang? Neustart für die Emanzipation der Frauen nach der Wiedervereinigung“

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