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Rita Süssmuth und Richard Schröder blicken kritisch auf die Lage im vereinten Europa

By 10. novembre 2021No Comments
Lesezeit: 3 Minuten

„Was hält Europa zusammen?“ – Dies war die Leitfrage des 11. Geisaer Schlossgespräches der Point Alpha Stiftung. Impulse, Reflexionen und Anregungen zur Rolle der europäischen Staatengemeinschaft bei aktuellen politischen Brennpunkten gab es von Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D., und vom langjährigen Vorsitzenden der Deutschen Nationalstiftung und Point-Alpha-Preisträger Prof. Dr. Richard Schröder. Moderiert wurde die Gesprächsrunde vom Journalisten Claus Peter Müller von der Grün, der die Gäste und das interessierte Publikum mit seinen Fragen auf fast alle Kontinente führte. Mit ihrem großen Wissensschatz und einer gewaltigen Portion Lebens- und Politikerfahrung bezogen die Diskutanten auf dem Podium Stellung, „ohne allerdings das Orakel zu sein, das für alles eine Lösung parat hat“, wie sie selbst zu Beginn klarstellten.

„Die Probleme vor denen Europa steht sind vielschichtig“, meinte der Studienleiter der Point Alpha Stiftung Philipp Metzler bei der Einführung in das Thema.

„Die Probleme vor denen Europa steht sind vielschichtig“, meinte Studienleiter Philipp Metzler bei der Einführung in das Thema.

Den Abend eröffnete der Studienleiter der Point Alpha Stiftung, Philipp Metzler, der die Gäste begrüßte, darunter Dr. Alexander Jehn und Franz-Josef Schlichting von den kooperierenden Landeszentralen für politische Bildung aus Hessen und Thüringen. Metzler betonte, dass Europa für die Point Alpha Stiftung von außerordentlicher Bedeutung sei. Insbesondere die Menschen entlang der Innerdeutschen Grenze hätten über vier Jahrzehnte erlebt, was es heiße, in einem getrennten, ja sogar verfeindeten Europa zu leben. Bei all den offensichtlichen Problemen dürfe man nicht vergessen, welches hart erarbeitete Geschenk ein friedliches und geeintes Europa sei.  Und es gehöre zu den guten Manieren, so ein Geschenk zu schützen, zu bewahren und etwas darauf aufzubauen, so Metzler.

Prof. Dr. Rita Süssmuth war nicht nur in ihrer Funktion als Bundestagspräsidentin mit ihren klaren politischen Positionen Wegbereiterin eines in die europäische Staatengemeinschaft integrierten und geeinigten Deutschland.

Rita Süssmuth war nicht nur in ihrer Funktion als Bundestagspräsidentin mit ihren klaren politischen Positionen Wegbereiterin eines in die europäische Staatengemeinschaft integrierten und geeinigten Deutschland.

Es folgte eine schonungslose Bestandsaufnahme von Rita Süssmuth zum Zustand von Europa: „Im Augenblick lösen wir uns auf. Der Egoismus ist stärker als der Zusammenhalt“, analysiert die 84-Jährige. Und wer glaube, der Nationalstaat sei das Beste, der mache sich etwas vor. „Unter den Aspekten Frieden, Freiheit, Solidarität und christliches Handeln brauchen wir eine Gemeinschaft auf Grundlage des europäischen Wertekataloges“. Dabei müssen sich die Europäer auf ihre Stärken besinnen, selbst aktiv werden, Neues erfinden beziehungsweise entdecken und sich nicht auf der Geschichte ausruhen. Am Beispiel einer gerechten Verteilung von Flüchtlingen in Europa forderte Süssmuth mit einem Augenzwinkern, die Politiker bei der Suche nach einer Lösung und Instrumenten wie bei der Papstwahl so lange festzusetzen, bis weißer Rauch aufsteige und ein Ergebnis auf dem Tisch liege.

Prof. Dr. Richard Schröder war einer der bekanntesten Politiker der kurzen Periode der demokratischen DDR. Als Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokratie in der Volkskammer 1990 und Mitglied des Bundestags bis zur Konstituierung des gesamtdeutschen 12. Bundestags war er entscheidend an der deutschen Wiedervereinigung beteiligt.

Richard Schröder war einer der bekanntesten Politiker der kurzen Periode der demokratischen DDR. Als Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokratie in der Volkskammer 1990 und MdB bis zur Konstituierung des gesamtdeutschen 12. Bundestags war er entscheidend an der deutschen Wiedervereinigung beteiligt.

Deutlich wurde im Verlaufe des Abends, dass Spannungen – sei es mit Polen, Ungarn, Weißrussland oder Russland – letztlich nur im Dialog oder mit gesellschaftlichen Projekten zu lösen sind. „Konfrontation hilft nicht weiter, das ist nur der Anfang eines neuen Kalten Krieges“, gab Süssmuth zu Bedenken. Länder, die etwa wie Polen in Sachen Rechtsstaatlichkeit komplett von der EU-Linie abweichen, müssten laut Schröder an den Pranger gestellt werden. Finanzielle Bestrafung helfe aber nicht, da ihr Vollzug unmöglich sei.

In den Blick genommen wurde auch die globalen Aufgaben der EU, das Verhältnis zu den USA und mögliche Reaktionen von Europa auf die Machtansprüche von China oder der Türkei, die Lehren aus dem Rückzug der NATO aus Afghanistan sowie die Situation in Afrika. Um in Zukunft zu bestehen, müsse Europa neue Formen zur Gestaltung finden, die Qualitäten von Frauen einbinden und dringende Entscheidungen treffen, damit ein Leben auf dem Globus noch möglich ist. Dabei setzt Süssmuth ihre Hoffnung ganz auf die junge Generation, die ihrer Meinung nach ernsthaft schaue, das anzugehen, was man verbessern könne.

Der Journalist Claus Peter Müller von der Grün moderierte mit Charme und Witz das 11. Geisaer Schlossgespräch.

Der Journalist Claus Peter Müller von der Grün moderierte mit Charme und Witz das 11. Geisaer Schlossgespräch.

Abschließend ergriff Franz-Josef Schlichting im Namen der beiden Landeszentralen für politische Bildung das Wort. Er dankte allen Diskutanten für den bemerkenswerten Gedankenaustausch und beschrieb Geisa als einen wunderbaren Ort, um grenzüberschreitende Gegenwartsfragen wie heute auch in Zukunft zu erörtern. Die Point-Alpha-Stadt sei nämlich ein Platz des politischen Ganzen, einst abgeschottet und sozusagen Endstation für zwei Seiten, aber auch mittendrin im Kalten Krieg und heute mittendrin in Deutschland und Europa. Diese globale Abhängigkeit habe man zwischen Rasdorf und Geisa immer gespürt.

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